Susanne Link, Marcel Nass, Patrick Niemeier
Das Zeitalter der Scheuklappen
Nein, es muss wirklich nicht immer mutwillige Ignoranz mit boshafter Intention sein, die dazu führt, dass das friedliche Miteinander ins Wanken gerät. Es reichen bereits Scheuklappen. Es reicht das Ergebnis einer falsch verstandenen „Self-Care“, die in echt nur eine Überdosis Egoismus ist. Es reicht das Ergebnis eines jahrelang empfundenen „das steht mir aber zu“ und ein Anspruch der Spaß- und Freizeitgesellschaft, immer erstmal individuell Bedürfnisbefriedigung oben auf die Prioritätenliste setzen zu dürfen. In der Summe erklärt das, warum Menschen zum Beispiel trotz Warnungen und Verboten auf die Idee kommen, in Wäldern in der Sommerhitze Lagerfeuer zu entzünden oder auf trockenen Feldern zu grillen. Die Feuerwehr darf dann anrücken und in der Hitze in voller Montur das Luxusproblem löschen. Einsicht ist manchmal nicht zu erwarten. „Steht mir doch zu, dass die Feuerwehr kommt, ich zahle doch Steuern“ ist die konsequente Weiterenwicklung der Fokussierung auf die eigenen Bedürfnisse.
Eine fatale Missachtung der gebotenen Sorgfalt
Jeder dritte Lkw-Fahrer schläft am Steuer ein – das kam bei einer Befragung der Europäischen Transportarbeiter-Föderation von knapp 2200 Berufskraftfahrern heraus. Erschreckend. Müdigkeit am Steuer ist eine erhebliche Gefahr auf den Straßen. Doch wie viel Verantwortung trägt ein Fahrer, der sich oft morgens wie gerädert fühlt, das aber nicht ärztlich abklären lässt und sich trotzdessen hinter das Lenkrad seines tonnenschweren Gefährtes setzt und einen tödlichen Unfall verursacht? Er macht sich der fahrlässigen Tötung schuldig, urteilte nun das Amtsgericht Lübeck. Fahrer von Lkw sollten eben tunlichst auf Warnzeichen achten. Denn bei einem Unfall mit solchen Schwergewichten haben Autos, Radfahrer und Fußgänger die schlechteren Karten. Übrigens: Nicht nur Fahrer sind in der Pflicht, sondern auch dessen Begleiter. Ist der Fahrer offensichtlich alkoholisiert oder müde, kann Sie eine Mitschuld treffen.
Ein langer Weg zum „Fahrrad-Kreis“
Schleswig-Holstein ist ein „Fahrrad-Land“. Zumindest möchte es das sein. An vielen Stellen im Land haben es Radfahrer allerdings schwer. Ein Beispiel dafür ist die Sülfelder Landstraße zwischen Elmenhorst und Sülfeld. Auf einer Strecke von rund drei Kilometern gibt es entlang der Landstraße keinen Rad- oder Fußweg. Radler müssen sich die Fahrbahn also mit Autos, Treckern oder Lkw teilen. Für viele Elmenhorster ist seit Jahren klar: Da muss endlich ein Radweg hin! Doch so einfach das Vorhaben klingt, so kompliziert ist die Umsetzung. Immer wieder bügelte der zuständige Kreis Stormarn die Anfragen der Gemeinde Elmenhorst ab. Doch die Notwendigkeit eines sicheren Weges ist unbestreitbar. Wer die Strecke mit dem Rad einmal gefahren ist, weiß sicher, wie es sich anfühlt, auf einer schmalen Straße mit uneinsichtigen Kurven von großen Gefährten überholt zu werden. Sicher ist das nicht wirklich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Kinder die Straße als Schulweg nutzen. So ist Stormarn derzeit sicherlich kein „Fahrrad-Kreis“ und Schleswig-Holstein auch noch kein „Fahrrad-Land“. Aber, was nicht ist, kann ja noch, sollte noch, muss noch werden.