Stadtverkehr soll elektrisch werden

Stormarner Tageblatt  05.07.2021

Bei der Diskussion über ÖPNV in Bad Oldesloe waren alternative Antriebe einer der großen Streitpunkte

Patrick Niemeier

Ist das der Weg zur Antriebs-Wende im Öffentlichen Personennahverkehr in Bad Oldesloe? Im nächsten halben Jahr wird zumindest ein Elektrobus im Stadtverkehr eingesetzt. Zunächst allerdings erstmal nur testweise. Das gaben Anfang Juli der Kreis, die Stadt und die Autokraft gemeinsam bekannt.
Im Rahmen der Neuausschreibung für die Busstrecken in der Kreisstadt hatte es 2018 und 2019 eine längere und hart geführte politische Diskussion gegeben, in der vor allem die Oldesloer Grünen vehement gefordert hatten, dass der Gewinner der Ausschreibung eine Busflotte mit alternativen Energien nutzen müsse.

Infrastruktur für E-Busse nicht vorhanden
Nach mehreren Treffen und Ausschusssitzungen auf Stadt- und Kreisebene war allerdings klar, dass das logistisch nicht zu machen sein werde. Unter anderem fehle es vor allem an der Infrastruktur, um eine entsprechende Zahl E-Busse auch wieder zu laden. Auch die Anschaffung von mit Erdgas angetriebenen Bussen wurde als unpraktikabel und unrealistisch abgelehnt.
Eine politische Mehrheit ließ daher aus der Ausschreibung streichen, dass alternative Antriebsarten für einen Anbieter zwingend notwendig seien. Aus Sicht der Grünen ein Skandal, schloss man doch einen Vertrag über die nächsten 10 Jahre ab.
Man einige sich daher mit der zuständigen Stelle beim Kreis auf den kleinen Kompromiss, dass sich ein neuer Anbieter – der mit der Autokraft im Endeffekt der alte wurde – sich aufgeschlossen gegenüber neuen Antriebsarten zeigen sollte.
Die Grünen hatten vor allem betont, dass es den Mitbürgern gerade in Zeiten des Klimawandels nicht zu erklären sei, dass man für die nächsten zehn Jahre wieder ausschließlich auf Dieselbusse setze. Es erscheine außerdem auch nicht vermittelbar, dass die Nahe Metropole Hamburg bereits mit der Umstellung auf eine E-Busflotte begonnen habe.
Bei der Vorstellung des neuen, alten Vertragspartners Autokraft hatte Björn Schönfeld, beim Kreis für den Öffentlichen Personenhahverkehr zuständig, allerdings bereits zugesagt, dass man alternative Antriebsarten einbinden werde.
„In Bargteheide werden wir ab 2021 auch Kleinbusse mit alternativen Antriebsarten testen. Damit werden wir dann Erfahrungen sammeln, die wir dann auch in Bad Oldesloe ausprobieren könnten“, sagte er im Dezember 2019.
Die Testphase für Bad Oldesloe beginnt tatsächlich jetzt. Der eingesetzte barrierefreie Bus des Herstellers Ebusco habe 90 Plätze und sei vollklimatisiert. Mit einer Akku-Ladung soll er ungefähr 400 Kilometer fahren können. Laut Angaben der Autokraft dauere es ungefähr sechs Stunden, um den Akku auf 80 Prozent zu laden. Die entsprechende Ladestation sei angemietet worden. „Auch für den Großteil unseres Fahrpersonals ist es eine neue Erfahrung, mit einem Elektrobus zu fahren und dieses neue Fahrgefühl kennen zu lernen“, sagt Daniel Goergen, Marktmanager von Autokraft in Bad Oldesloe.
Der Kreis teilte mit, dass es langfristig das Ziel sei, dass der Oldesloer Stadtverkehr vollelektronisch betrieben werde. In mehren Regionen in Stormarn laufen entsprechende Tests. Der Kreis erhoffe sich genau wie die DB-Tochter Autokraft Aufschlüsse über Ladeinfrastruktur, Reichenweite oder auch wie sich der Einsatz der E-Busse im alltäglichen Betrieb bewährt.
Bis zu einer Umstellung auf den vollelektronischen Betrieb ist es bei aktuell 180 eingesetzten Autokraft-Bussen in der Niederlassung Bad Oldesloe allerdings noch ein langer Weg. Die DB hat sich nach eigener Aussage zum Ziel gesetzt, bis 2050 ein klimaneutrales Unternehmen zu werden.
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Stormarner Wochenschau: Geglückt, gesucht, geschlossen

Stormarner Tageblatt  03.07.2021

Geglückt, gesucht, geschlossen

Viel Lärm um eine neue Feuerwache in Bargteheide...Karikatur: Megi Balzer
Viel Lärm um eine neue Feuerwache in Bargteheide…Karikatur: Megi Balzer

Patrick Niemeier und Volker Stolten

Die Unvernunft
Die Entschärfung des Fliegerbombenblindgängers ist in Bad Oldesloe gut gegangen, hätte aber sogar noch eine Stunde vorher abgeschlossen sein können. Wären da nicht wieder die Egoisten und Ignoranten gewesen, die mit ihrem „diese Regeln gelten aber nicht für mich“-Verhalten uns auch schon die gesamte Corona-Pandemie hindurch auf den Wecker gehen und das Zusammenleben erschweren. Anstatt ihre Wohnungen wie erforderlich zu verlassen, blieben sie und störten so die Entschärfung. Ähnlich halt wie die Besserwisser, die im Supermarkt ihren Mundschutz nicht mehr aufsetzen, weil sie sich Youtube-Videos von Dr. Mabuse oder Dr. Frankenstein angeschaut haben, die die Pandemie für nicht vorhanden oder beendet erklärten. Kurzum: Der Teil der Bevölkerung, dessen offenbar soziale und intellektuelle Beschränktheit zum Problem wird.

Was ist zumutbar?
„Suchet, so werdet ihr finden“, heißt es in der Bibel. Die Stadt Bargteheide sucht und hofft zu finden. Und das seit Jahren. Bisher allerdings vergebens. Seit 2014 steht ein Feuerwehr-Neubau im kommunalpolitischen Fokus, wird ein geeigneter Standort ausgelotet. Doch auch sieben Jahre später ist der Boden für eine neue Feuerwache nicht geebnet. Und wird es wohl auch so schnell nicht sein. Zwar gibt es einen Platz an der Bahnhofstraße. Doch das Areal kommt für das LLUR (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume) nicht in Frage. Es hat Bedenken bezüglich des Lärms – insbesondere bei nächtlichen Einsätzen. Schließlich liegt vis-a-vis das Seniorendorf. Und den Bewohnern sei das kaum zuzumuten. Wirklich nicht? Zwar bescheinigt ein Lärmgutachten der Stadt das Gegenteil. Aber Zweifel sind erst einmal gesät und halten sich mitunter hartnäckig. Das ist freilich nicht nur in diesem Fall so. Auf die Annehmlichkeiten will, klar, niemand verzichten. Dafür aber mal zurückzustecken, kommt natürlich gar nicht in Frage. Beispiele gefällig?
Saubere Energie? Ja, bitte! Aber kein Windrad in Sichtweite meines Hauses. Fliegen? Auf jeden Fall. Aber kein Luftkorridor für Urlaubsjets über meinem Heim. Neubaugebiete? Na klar, bei der Wohnungsnot. Aber doch bitte nicht vor meiner Haustür. Egoismus vor. Kompromissbereitschaft wäre besser. Manchmal sollte man einfach Opfer bringen oder auf eine einsame Insel ziehen. Auch wenn viele meinten, sie lebten schon auf einer…

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Stormarn um 12 Uhr

Stormarner Tageblatt  03.07.2021

Ann Sopbie Bäth
Ann Sopbie Bäth

Bad Oldesloe Obwohl von der Evakuierung rund um die Bombenentschärfung nicht betroffen, war es in der Bahnhofsstraße in Bad Oldesloe am Freitag auch fast menschenleer. Der Stadteingang genießt bei Oldesloern keinen guten Ruf, wie zuletzt Umfragen bestätigten. Dabei ist er gar nicht so unansehnlich. nie

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Unerwartet schnelle Entschärfung

Stormarner Tageblatt  03.07.2021

Blindgänger in Bad Oldesloe: Allerdings verzögerte sich die Evakuierung des Sperrgebiets

Die entschärfte 250-Kilo-Bombe wird vorsichtig vom Kampfmittelräumdienst verladen.  Peter Wüst/rtn
Die entschärfte 250-Kilo-Bombe wird vorsichtig vom Kampfmittelräumdienst verladen. Peter Wüst/rtn

Patrick Niemeier

Selbst unvernünftige Anwohner konnten die erfolgreiche Entschärfung eines Blindgängers nur kurz aufhalten. Der Kampfmittelräumdienst hat in Bad Oldesloe am gestern schneller als erwartet eine amerikanische 250-Kilogramm-Fliegerbombe entschärft.
Das explosive Überbleibsel des Zweiten Weltkriegs war bei Bauarbeiten in der Grabauer Straße aufgetaucht. Seit 9 Uhr waren entsprechend umfangreiche Straßensperrungen in der Kreisstadt durch die Polizei eingerichtet worden.
Bis 10 Uhr sollte das komplette Gebiet rund um den Fund evakuiert sein, während sich die Einsatzkräfte an der Feuerwehr in der Lübecker Straße und am Katastrophenschutzzentrum in der Turmstraße bereithielten.
Doch gerade als man dachte, dass dieses Mal die Disziplin der Anwohner gewonnen hätte, kam die Meldung, dass sich – wie schon bei früheren Entschärfungen in der Kreisstadt – im Evakuierungsgebiet noch Personen aufhielten. Die Entschärfung durch den angerückten Kampfmittelräumdienst konnte daher doch nicht schon um 10.30 Uhr beginnen, sondern musste um eine Stunde verschoben werden.
Die Polizei geleitete die Personen derweil aus der gesperrten Zone. „Die Evakuierung verlief nicht so reibungslos, wie geplant, da wiederholt Personen im Sperrbereich gesichtet wurden, beziehungsweise sich in ihren Wohnungen weiter aufgehalten haben“, bestätigt Polizeisprecherin Rena Bretsch.
Gut und reibungslos lief hingegen die Zusammenarbeit der insgesamt 136 mit der Entschärfung beschäftigten Personen von Stadt, Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr und Hilfsorganisationen. Unter anderem betreute das SEG des Katastrophenschutzes evakuierte Personen im Bürgerhaus in der Mühlenstraße.
Rund 200 Personen wurden durch die Hilfskräfte währen der Evakuierung betreut. Hierbei handelte es sich vor allem um Senioren, die nicht bei Freunden oder Verwandten untergekommen waren. Viele andere Anwohner waren sowieso nicht zu Hause. Mehrere Unternehmen schlossen für die Zeit der Evakuierung – darunter zwei Tankstellen. Auch zwei Pflegeheime und zwei Kindergärten waren von den Sperrungen und Evakuierungen betroffen.
Zum ersten mal überhaupt wurde der Lageraum der Freiwilligen Feuerwehr genutzt. Gemeindewehrführer Olaf Klaus zeigte sich mit dem Ablauf, der Koordination und Kooperation der verschiedenen Organisationen und Einsatzkräfte sehr zufrieden. Um 11.30 Uhr konnte die Entschärfung schließlich beginnen und bereits kurz nach 12 Uhr als erfolgreich beendet vermeldet werden.
Oliver Kinast, stellvertretender Leiter des Kampfmittelräumdienstes Schleswig-Holstein, hatte nach eigener Aussage mit einer schwierigeren Entschärfung gerechnet, weil die Bombe sehr verdreckt gewesen sei. Den Hinweis auf die Bombe gab es durch die Auswertung von Luftbildern. Die Überprüfung vor Ort habe ergeben, dass dort tatsächlich ein Blindgänger lag.
Gegen 12.30 Uhr waren nach der erfolgreichen Entschärfung dann auch fast alle Absperrungen im Stadtgebiet wieder aufgehoben.
Insgesamt wurde von den Beteiligten – abgesehen von der Unvernunft einer Minderheit unter den Anwohnern – ein positives Fazit gezogen.

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Warum in der Kreisstadt Blindgänger auftauchen

Stormarner Tageblatt  02.07.2021

Immer wieder kommt es zu Funden, doch woher stammen diese Bomben eigentlich?

Der Bad Oldesloer Bahnhof kurz nach dem Bombenangriff am 24. April 1945.  Stadtarchiv Bad Oldesloe
Der Bad Oldesloer Bahnhof kurz nach dem Bombenangriff am 24. April 1945. Stadtarchiv Bad Oldesloe

Patrick Niemeier

Immer wieder müssen in Bad Oldesloe größere Entschärfungsaktionen durchgeführt werden, weil zumeist bei Bauarbeiten oder Bodenuntersuchungen Blindgänger aus dem zweiten Weltkrieg gefunden werden.
Bombenangriff in den letzten Tagen des Weltkriegs
Doch wieso ist die Stormarner Kreisstadt davon eigentlich so sehr betroffen? Jedes Mal holt die Oldesloer dabei die Zeitgeschichte wieder ein. Die Antwort auf die Frage liegt nämlich vor allem in dem großen Bombenangriff britischer Bomber kurz vor dem Ende des zweiten Weltkriegs.
Am 24. April 1945 erfolgte dieser militärische Angriff auf die heutige Kreisstadt, der 706 Menschen das Leben kostete. Mehr als 800 wurden verletzt. Dabei war vor allem der Bereich rund um den Bahnhof betroffen. Auch Fabriken und Schulen wurden allerdings bei dem Angriff zum Teil oder komplett zerstört. 1260 Bomben sollen damals auf Bad Oldesloe abgeworfen worden sein. 132 Gebäude wurden komplett zerstört. Ein Drittel war nach dem Abwurf der tödlichen Fracht der rund 300 britischen Bomber beschädigt. Darunter auch das ehemalige „Präperandeum“ in der Nachbarschaft der heutigen Stadtschule in der Königstraße. Alleine dort starben 50 Personen – unter ihnen der damalige Landrat Rolf Hans Wilhelm Karl Carls. Es handelte sich um einen Angriff der Alliierten vor allem auf die Infrastruktur in Bad Oldesloe. Mit dem Bombardement von Städten allgemein und der Infrastruktur sollte außerdem das Nazi-Regime zur Aufgabe gedrängt werden. Es verstarben damals viele Zivilisten und Flüchtende aus anderen Regionen, die nur vorübergehend in Bad Oldesloe waren. Seit dem Kriegsbeginn 1939 war die Zahl der Oldesloer Einwohner durch Flüchtlinge von 9000 auf 15.000 angestiegen. Gerade am Bahnhof hielten sich wohl viele Menschen auf, die in Oldesloe nur Zwischenstation machten oder quasi gestrandet waren, als der verherrende Bombenangriff startete. Dieser soll 20 Minuten gedauert haben. Es handelte sich um einen Angriff der Alliierten vor allem auf die Infrastruktur in Bad Oldesloe. Mit dem Bombardement von Städten allgemein und der Infrastruktur sollte außerdem das Nazi-Regime zur Aufgabe gedrängt werden.
Obwohl die militärische Lage im von den Nationalsozialisten losgetretenen Weltkrieg bereits als aussichtslos anzusehen war, verweigerten die Verantwortlichen der rechtsfaschistischen Diktatur um Adolf Hitler noch die Aufgabe. Nicht alle Bomben explodierten damals. Sie sind die Blindgänger, die noch heute im Bad Oldesloer Erdreich gefunden werden und die auch jetzt wieder für die Sperrungen und die notwendig gewordene Evakuierung sorgen. Auch zuvor hatten die Oldesloer bereits Bombenangriff erleben müssen, allerdings nicht in einer so massiven Form wie am 23. April 1945. Die meisten der gefundenen Blindgänger stammen daher mutmaßlich aus diesem Angriff zum Kriegsende.
Erst kürzlich hat die Stadt Bad Oldesloe dazu eine viel gelobte Kurz-Dokumentation anfertigen lassen. Darin kommen auch Zeitzeugen und die ehemalige Stadtarchivarin zu Wort.

 
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