Ministerin besucht Bella-Donna-Haus

Stormarner Tageblatt  11.09.2021

Sabine Sütterlin-Waack verschafft sich Überblick über die Arbeit vor Ort in Bad Oldesloe

Susanne Rohde
Hoher politischer Besuch aus Kiel im Bad Oldesloer Bella-Donna-Haus: Am 9. September schaute Sabine Sütterlin-Waack (CDU), Innen- und Gleichstellungsministerin von Schleswig-Holstein, beim Verein „Frauen helfen Frauen Stormarn“ in der Kreisstadt vorbei. Anlass war die Einweihung von drei neuen Räumen im zweiten Stock des großen bunten Hauses in der Bahnhofstraße. Die neuen Beratungsräume gehören zu einer ehemaligen Wohnung auf der Rückseite des Hauses, die jetzt mit Mitteln des Landes saniert und umgebaut werden konnten. Außerdem wurden dringend benötigte Maßnahmen zum Hitzeschutz, wie eine Außenbeschattung und eine Lüftungsanlage, installiert und aus Landesmitteln finanziert.
Auch das Dach des Hauses musste teilweise saniert werden. Ermöglicht wurde die Finanzierung in Höhe von 198.000 Euro durch das Programm „Impuls 2030“, mit dem das Land bereits seit einigen Jahren Baumaßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur bereit stellt. Seit Dezember 2020 können neben Frauenhäusern auch Frauenberatungsstellen Gelder für dringend benötigte Sanierungs- und Ausbaumaßnahmen beantragen. „Frauen helfen Frauen Stormarn“ ist die erste Beratungsstelle im Land, die jetzt durch dieses Programm gefördert wurde. In den jetzt durch die Innenministerin eingeweihten Räumen können die acht Fachberaterinnen in drei zusätzlichen und barrierefreien Räumen ihrer Arbeit nachgehen. Und die sei wichtiger denn je. „Wir haben Zeiten, wo deutlich mehr Beratungsbedarf besteht“, betonte Gisela Bojer, Mitarbeiterin der Beratungsstelle, die in diesem Jahr schon 63 Fälle von häuslicher Gewalt verzeichnete.
„Eine Bedarfsanalyse zeigt außerdem, dass die Beratungskapazitäten im ländlichen Raum ausgebaut werden müssen“, so die Rechtsanwältin Marion Bolfeld, die zu den Gründungsmitgliedern der Beratungsstelle gehört. „Unser Haus ist in dieser Form und Ausrichtung wohl einmalig in der Bundesrepublik. Der Zuschuss für die Dachsanierung ist ein unglaublich großes Geschenk für uns“, freute sich Bärbel Nemitz aus dem Vorstand des Bella-Donna-Hauses, das vor 18 Jahren erstmals seine Türen öffnete.

Beratungsstelle in Vollzeit
„Mir liegt das Thema Gewalt gegen Frauen ungemein am Herzen. Es ist ja leider kein Randphänomen, sondern es zieht sich quer durch die Gesellschaft“, betonte Dr. Sabine Sütterlin-Waack. Landrat Henning Görtz hatte bei seinem Besuch gute Nachrichten mitgebracht, denn der Kreis werde der Beratungsstelle eine zusätzliche Vollzeitstelle für eine Fachberaterin finanzieren. Und auch Bürgermeister Jörg Lembke konnte bei seiner Stippvisite Positives verkünden. Der Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss habe auf seiner Sitzung vor zwei Tagen beschlossen, die wichtige Arbeit der Beratungsstelle für weitere drei Jahre mit jährlich 31.000 Euro zu unterstützen. „Das sind immerhin rund 20 Prozent mehr, als in den Vorjahren“, sagte Lembke.

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Stormarner Wochenschau: Besondere Erlebnisse

Stormarner Tageblatt  11.09.2021

Besondere Erlebnisse

Karikatur: Megi Balzer
Karikatur: Megi Balzer

Patrick Niemeier, Susanne Link und Guido Behsen
Perspektivfrage
Die Arbeitsverhältnisse beim Internethändler Amazon stehen immer wieder im Fokus von Berichterstattungen. Positiv fallen diese selten aus. In Bad Oldesloe gab es jetzt gleich zwei Mal in wenigen Wochen Großkontrollen am Verteilzentrum durch Zoll, der Ausländerbehörde und Polizei. Es stand im Raum, dass der Mindestlohn nicht gezahlt werde und die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht eingehalten werden. Aus Sicht von Amazon ein Problem der Subunternehmer, die tatsächlich in diesen Fällen kontrolliert wurden. Amazon gibt sich entsetzt und verweist darauf, dass man das natürlich nicht wusste. Denn hätte man das gewusst, dann hätte man ja….Kurzum, man sei sehr überrascht. Naja, ein Schelm, der Böses dabei denkt. Aus dem Kreis der Kritiker heißt es, dass Amazon sich nicht ewig dahinter verstecken könne, dass man nicht selbst Schuld an den Arbeitsverhältnissen bei den Subunternehmern sei. Die Frage, warum man denn eigentlich die Fahrer und alle Lagerarbeiter nicht einfach selbst einstelle und sich damit dem Ärger mit Subunternehmern erspare, lässt Amazon unbeantwortet. Stattdessen wird darauf verwiesen, dass ja solche Fälle nicht an der Tagesordnung seien und auch der Verdacht, dass kein Mindestlohn gezahlt werde, sei ja erstmal nur ein Verdacht. Außerdem sei man bereit mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Eine Aussage bei der man beim Zoll schon etwas schmunzeln muss. Denn Amazon hat gar keine andere Wahl, wenn Ausländerbehörde, Zoll und Polizei mal wieder am Verteilzentrum auftauchen. Dass bei zwei Kontrollen über 20 Personen aufgegriffen wurden, die sich illegal in Deutschland aufhalten, überraschte Amazon dann auch. Das sind allerdings so viele Überraschungen, dass man schon überrascht ist, wie überrascht der Internethändler offenbar zu sein scheint. Ein Amazonsprecher verweist darauf, dass man den Mitarbeitern ein besonderes „Arbeitserlebnis“ bieten wolle. Das klingt sicherlich in den Ohren derer, die jetzt vielleicht vor einer Abschiebung stehen und denen, die keinen Mindestlohn kassieren, vermutlich wie Hohn. Und ehrlich gesagt, wirken auch die abgehetzten Fahrer in ihren zum Teil ziemlich abgerockten Fahrzeugen eher selten so, als hätten sie gerade ein sehr besonderes Erlebnis. Zumindest kein positives. Aber vielleicht ist das auch gar nicht gemeint und vielleicht ist aus bestimmter Perspektive eine regelmäßige Kontrolle durch ein Großaufgebot von Zoll und Polizei am Ende ein Teil des grandiosen Erlebnisses. Ein wenig wie eine Geisterbahn auf dem Jahrmarkt oder ein Horrorfilm im Kino. Das sind ja auch Erlebnisse mit besonderem Charakter.

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Stormarn will Potenzial besser nutzen

Stormarner Tageblatt  10.09.2021

Viele der touristischen Möglichkeiten haben noch Luft nach oben oder sind nicht richtig vermarktet

Das Kultur- und Bildungszentrum (Kub) in Bad Oldesloe ist ein Veranstaltungsort, der weit über die Kreisstadt hinaus Bedeutung erlangt hat.
Das Kultur- und Bildungszentrum (Kub) in Bad Oldesloe ist ein Veranstaltungsort, der weit über die Kreisstadt hinaus Bedeutung erlangt hat.

Patrick Niemeier

Historische Orte, Schlösser, Wander- und Radrouten, Naturschutzgebiete, Gastronomie und Kultur. Stormarn hat viel zu bieten. Doch ist es auch touristisch attraktiv? Und wenn ja, warum sind dann die Übernachtungszahlen nicht besser? Welche Potenziale werden nicht genutzt und welche können ausgebaut werden?
Mit diesen Fragen setzten sich Tourismusexperten auf Konferenzen in Stormarn auseinander. Nachdem im vergangenen Jahr ein Kulturfahrplan beim Kreis auf den Weg gebracht wurde, ist jetzt ein Tourismuskonzept dran.

Großes Einzugsgebiet rund um den Kreis
Die Profis von „Tourismus Plan B“ haben gemeinsam mit den Teilnehmern spannende Fakten herausgearbeitet, die als Grundlage für weitere Maßnahmen genutzt werden können. So stellten sie fest, dass vier Millionen Menschen im direkten Einzugsgebiet Stormarns leben, die in maximal einer Stunde in der Kreisstadt Bad Oldesloe sein könnten. Dieses doch sehr große Einzugsgebiet liegt an der Nähe zu Lübeck und Hamburg, aber auch an der gut ausgebauten Infrastruktur. Für den Tagestourismus ist das durchaus vorzeigbar.
Was den Experten zufolge definitiv auf der Habenseite sei, ist das gut ausgebaute Radwegenetz mit thematischen Schwerpunkten. Dazu zählen die Bahn-Radelwege auf stillgelegten Bahntrassen, Kirchen- und Kunstrouten sowie der Krimi-Trail. Auch die Sehenswürdigkeiten müssen sich nicht vor anderen Regionen verstecken. Die Liste reicht vom Schloss Ahrensburg über die Wassermühle in Trittau, die Kirche in Zarpen bis zur historischen Altstadt in Bad Oldesloe.
Es gibt zwei Schlösser und 24 Guts- und Herrenhäuser im Kreisgebiet. Hier stellten die Tourismusprofis allerdings fest, dass viele dieser Gebäude in Privatbesitz und nicht öffentlich zugänglich sind. Die insgesamt sieben Museen seien außerdem zu wenig in touristische Angebote eingebunden. Die Kulturzentren wie das KuB in Bad Oldesloe oder der Marstall in Ahrensburg hätten hingegen bereits regionale Relevanz über die reine lokale Bedeutung hinaus erlangt. Doch auch sie könnten und müssten noch stärker in touristische Ideen eingebunden werden. Die Übernachtungszahlen liegen deutlich hinter anderen Regionen, wobei die Zahlen vor der Corona-Pandemie bewertet wurden. Während Stormarn 2019 auf 414.415 Übernachtungen kam, waren es im selben Jahr in der Holsteinischen Schweiz 729.436 und im Herzogtum Lauenburg 706.549. Schaut man über die Landesgrenze hinweg, muss man feststellen, dass es in der Lüneburger Heide 2019 sogar 6.576.000 Übernachtungen waren. Auch die Anzahl der im Schnitt in Stormaner Herbergen verbrachten Nächte ist mit nur zwei relativ gering. Diese lag im Herzogtum Lauenburg 2019 bei 3,4, im Kreis Segeberg immerhin noch bei 2,6.
Fazit: Die bloße Nähe zu Hamburg und Lübeck ist keine ausreichende Alleinstellung, die man gut bewerben könne oder sollte. Aus Sicht der Experten könnte die eher geringe Übernachtungszahl aber zum Beispiel auch daran liegen, dass es ein bisher nur geringes Angebot im Bereich des immer beliebter werdenden und naturnahen Campings gibt. Dazu gehöre auch der boomende Wohnmobil-Tourismus. Außerdem gebe es wenige innovative Übernachtungsangebote. Dass der Kulturbereich trotz großer Qualität touristisch kaum eingebunden sei, könnte auch an den geringen Budgets und den Organisationsstrukturen liegen. Jetzt käme es zunächst darauf an, das Tourismusbewusstsein überhaupt zu stärken. Dass dies bei den Bürgern und auch manchen politischen Entscheidungsträgern nicht besonders ausgeprägt ist, lässt sich zum Beispiel an der Diskussion um den Ausbau von Wohnmobilplätzen festmachen. Oft wird der Tourismus in Stormarn eher als Luxusangebot und Nebenerscheinung ohne große Relevanz angesehen, so der Eindruck.

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Abriss der Kaufhausruine „Nickel“

Stormarner Tageblatt  09.09.2021

„Lost place“ verschwindet: Arbeiten in der Lübecker Straße 8 – 12 beginnen

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Die Entkernung hat im Abrisshaus begonnen. Patrick Niemeier

Patrick Niemeier

Der Kaufhaus „Lost place“ in der Stormarner Kreisstadt verschwindet. Es deutete sich schon seit einigen Monaten (wie berichtet) deutlich an, was dann kürzlich offiziell bestätigt wurde: Der Abriss des ehemaligen Kaufhaus „Nickel“ in der Lübecker Straße in Bad Oldesloe soll nach über einem Jahrzehnt des Wartens noch 2021 erfolgen.
So manche Oldesloer können und konnten es noch gar nicht glauben. In den sozialen Medien sammelten sich Beiträge, dass man es erst wirklich sehen wolle, dass das Gebäude verschwindet. Zu häufig hatten schon Gerüchte rund um einen Abriss die Runde gemacht. Doch dieses Mal ist diese Sachlage anders. Der bevorstehende Rückbau ist kein Gerücht, sondern ein verkündeter Fakt. Die Genehmigung soll durch die Verwaltung bereits erteilt worden sein. Ein entsprechender Antrag lag vor.
Und das die Arbeiten begonnen haben, ist nun nicht nur zu sehen, weil Baucontainer vor der Ruine aufgestellt wurden, sondern auch, weil die ersten Arbeiten im Inneren des Gebäudes in diesen Tagen durchgeführt werden.
Rohre, Heizungen, Leitungen, Spülbecken und noch installierte Geräte werden von Handwerkern ausgebaut. Zum Teil stapeln sie sich bereits im Außenbereich neben dem Gebäude. Wann der eigentliche Abriss im großen Stil erfolgen wird, ist noch nicht als konkretes Datum verkündet worden, die ersten Arbeiten in diese Richtung laufen aber definitiv auch Hochtouren. Nach dem Abriss soll das Gebiet zwischen den Hausnummern 8 und 20 komplett neu überplant werden. Hierfür soll ein Realisierungswettbewerb durchgeführt werden.

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Kein Mindestlohn für Kurierfahrer?

Stormarner Tageblatt  09.09.2021

Bilanz des Amazon-Einsatzes in Oldesloe: Neun illegal Beschäftigte und sechs mit gefälschten Unterlagen

Patrick Niemeier

Sie sind nicht bei Amazon angestellt, aber sie fahren täglich für den Internet-Händler durch den Norden. 310 Fahrer von Subunternehmen standen im Fokus der zweiten Kontrolle innerhalb eines Monats von Zoll, Ausländerbehörde und Bundespolizei am Verteilzentrum in Bad Oldesloe. Und auch nach dieser Kontrolle besteht weiterhin der Anfangsverdacht, dass alle Fahrer nicht den Mindestlohn erhalten, wie Gabriele Order, Sprecherin des Hauptzollamts in Kiel, bestätigt.

Hohe Ansprüche an Lieferservice-Partner
Kontrolliert wurde laut der Behörden neben der Einhaltung des Mindestlohns von aktuell 9,60 Euro die Stunde auch die Einhaltung zwingender gesetzlich geregelter Arbeitsbedingungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, die Einhaltung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten sowie der mögliche unrechtmäßige Bezug von Sozialleistungen. Ein Sprecher von Amazon sagte hierzu am Mittwoch dem Stormarner Tageblatt, dass es dem Unternehmen wichtig sei festzuhalten, dass es sich zunächst nur um einen Anfangsverdacht des Verstoßes gegen den Mindestlohn bei einigen Subunternehmern handele. Amazon selbst prüfe regelmäßig, ob sich die Partner an die geltenden Gesetze und den Verhaltenskodex für Amazon-Lieferanten halten. Das Unternehmen bat um Verständnis, dass man sich noch nicht genauer äußern könne, weil man nicht wisse, um welche Subunternehmer es sich handle, die zu wenig Mindestlohn gezahlt haben sollen oder wie weitere Vorwürfe seitens der Behörden aussehen. „Wir sind vom Zoll noch nicht vollumfänglich informiert worden“, so der Sprecher. „Unsere Lieferservicepartner verpflichten sich vertraglich, die geltenden Gesetze insbesondere im Hinblick auf Löhne, Sozialabgaben und Arbeitszeiten einzuhalten. Wir werden diese Vorwürfe prüfen und werden durchgreifen, sollten wir feststellen, dass ein Partner diese Erwartungen nicht erfüllt“, stellt Amazon in einem ersten Statement klar.
„Die rund 150 eingesetzten Mitarbeiter des Zolls – unterstützt von 32 Einsatzkräften der Landespolizei, Bundespolizei, Mitarbeitern der Ausländerbehörde sowie des Technischen Hilfswerk – kontrollierten dieses Mal die bei Subunternehmen beschäftigte Kurierfahrer und befragten sie nach ihren Arbeitsverhältnissen“, erklärt derweil Gabriele Oder.
Dabei habe man bereits vor Ort feststellen können, dass neun Kontrollierte sich illegal in Deutschland aufhielten. Gegen sie wurden Strafverfahren eingeleitet. Sie erhielten außerdem eine Meldeauflage bei der Ausländerbehörde. Bei der ersten Kontrolle von Lagerarbeitern am Verteilzentrum in Bad Oldesloe, hatte der Zoll bereits 19 illegal Beschäftigte festgestellt. „Dazu können wir gar nichts sagen. Wir hatten davon natürlich keine Kenntnis und wissen nicht bei welchem Subunternehmen sie angestellt waren und wie es dazu kommen konnte“, antwortet Amazon auf Nachfrage dazu.

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