. Patrick Niemeier
Christian Rieken ist noch immer fassungslos. „Kürzlich fragte tatsächlich jemand an, ob er mit einer Drohne über einen Großeinsatz fliegen dürfe, um Film- und Fotoaufnahmen zu machen“, sagt der stellvertretende Stormarner Kreisbrandmeister und stellt klar: „Das waren keine Reporter, das waren Feuerwehrleute.“
„Wie man als Feuerwehr darauf kommen kann, das ist mir wirklich schleierhaft“, führt Rieken weiter aus und beschreibt damit ein wachsendes Problem. In Zeiten der Pandemie haben die Social Media Tätigkeiten vieler Feuerwehren zugenommen. Und auf der Suche nach Klicks und Reichweite werden Bild- und Filmmaterial benötigt.
Die Feuerwehrleitungen haben dies allerdings aus gutem Grund untersagt. „Wir reden von Personalproblemen und dann haben manche offenbar Zeit, erstmal ein Smartphone rauszuholen, um ein paar Fotos zu posten“, sagt der neue Kreisbrandmeister Olaf Klaus, der sich dieser Problematik verstärkt annehmen möchte. „Es kann auch nicht sein, dass noch vor der Berichterstattung in der Presse auf Feuerwehrseiten ein Bericht veröffentlich wird.“
Zumal es auch juristische Probleme geben kann. „Es geht hier auch um so etwas wie Recht am eigenen Bild oder Datenschutz“, sagt Ingo Lange vom Kreis Stormarn. „Wir können doch nicht gegen Gaffer an Unfallstellen vorgehen und gleichzeitig filmt und fotografiert die Feuerwehr selbst“, sagt er. Fakt sei: Feuerwehrleute sind keine Journalisten oder Berichterstatter.
„Es ist nicht die Aufgabe der Feuerwehr in den sozialen Medien von Einsatzstellen zu berichten“, sagt auch Landrat Henning Görtz. „Dabei möchte ich aber ausdrücklich betonen, dass das nicht bedeutet, dass die Feuerwehren nicht in den sozialen Medien vertreten sein können und dort von Aktionen berichten oder um Mitglieder werben“, fügt der Landrat an. Die Sichtbarkeit der Ehrenamtler sei natürlich wichtig – aber nicht auf diese Art.
Durch unkontrollierte Social Media Tätigkeiten werde das Verhältnis zur Presse im Zweifel eingetrübt, pflichtet Kreisbrandmeister Olaf Klaus bei. „Dabei sind die Zeitungsberichte für uns immer noch sehr wichtige Werbung für die Feuerwehren. Wir wollen natürlich keine Verschlechterung des Verhältnisses“, erklärt er.
Tatsächlich kann ein Feuerwehr-Post etwa von einem Brandort sogar einen unzulässigen Eingriff in den Wirtschaftskreislauf darstellen. Dies ist der Fall, wenn zum Beispiel freie Journalisten nachweisen können, dass ihnen durch dieses Verhalten ein wirtschaftlicher Schaden entstehe, wie kürzlich Gerichte in anderen Bundesländern entschieden.
Anders als professionelle Medien nehmen Facebook-Communities und interessierte Laien bisweilen auch keine Rücksicht auf journalistische und moralische Standards. Das geschieht weniger aus bösem Willen, sondern eher im Übereifer oder aus Unerfahrenheit. Im Falle der Feuerwehren tauchten zum Beispiel Bilder von Vermisstensuchen auf, bevor die Polizei diese überhaupt offiziell bestätigte.
Veröffentlichungen rund um die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft durch eine Stormarner Wehr hätten laut Andreas Rehberg, Fachbereich „Sicherheit und Gefahrenabwehr“ im Kreis, schlimmstenfalls sogar zu einem Scheitern der Maßnahme führen können. Der Grund: Zum Zeitpunkt der Bekanntmachung durch die Feuerwehr war der Mietvertrag für das Gebäude noch gar nicht in trockenen Tüchern.
„Ich finde es generell nicht verboten, dass die Feuerwehr der Öffentlichkeit zeigen will, was sie macht. Aber das kann mit entsprechendem zeitlichen Abstand auch noch passieren“, sagt Rehberg. Als positives Beispiel gilt hier schon seit längerer Zeit die Freiwillige Feuerwehr Ahrensburg, die ein Mal in der Woche einen Rückblick auf das Einsatzgeschehen veröffentlicht. Dabei wird auf die Berichterstattungen in den lokalen und regionalen Medien verlinkt.
Einen Grund dafür, dass die Online-Aktivitäten auch von Feuerwehrleuten zuletzt zugenommen haben, sehen Klaus und Rieken in der Pandemie. „Es gab weniger Treffen oder Sitzungen“, sagt Rieken. Zum einen seien die Feuerwehren dadurch weniger öffentlich wahrgenommen worden, was Mancher zum Anlass genommen haben mag, selbst aktiv zu werden. Zum anderen habe die Gelegenheit gefehlt, im Gespräch darauf hinzuweisen, was dargestellt werden soll und was nicht. Das werde sich jetzt wieder ändern.